Wie die Tafel für Gerechtigkeit sorgt

Im November feiert die Coburger Einrichtung für Bedürftige zehnjähriges Bestehen. Um Ärger wie in Essen zu vermeiden, gibt es ein besonderes System der Verteilung

34 Mitarbeiter der Tafel Coburg versorgen jede Woche Arbeitslose, Alleinerziehende, bedürftige Rentner und Asylbewerber mit Lebensmitteln. Ein Fünf-Farbensystem verhindert, dass bestimmte Gruppen von der Essensausgabe ausgeschlossen werden. Foto: Henning Rosenbusch

Coburg – Die Essener Tafel ist momentan in aller Munde. Seit Mitte Januar nimmt sie nur noch Bedürftige mit deutschem Pass auf. Grund dafür ist ein Anstieg der des Migranten-Anteils an der Kundschaft auf etwa drei Viertel. Die Begründung des Vorstandes: Vor allem ältere Frauen hätten Probleme, sich gegen allzu forsch auftretende junge Männer durchzusetzen. Bei der Tafel Coburg kennt man solche Probleme nicht. Im November dieses Jahres feiert sie ihr zehnjähriges Bestehen.

Tafel ändert Namen

Bisher firmierte die soziale Einrichtung in der Rodacher Straße unter dem Namen „Coburger Tafel“. Künftig wird sie unter der Bezeichnung „Tafel Coburg“ Lebensmittel an Bedürftige ausgeben. Damit setzten die ehrenamtlichen Helfer eine Forderung des Dachverbandes Tafel Deutschland um. Außerdem wird die Tafel Coburg ihr Logo ändern.

Wer Lebensmittel spenden möchte, erreicht die Tafel Coburg unter 09561 9829335

„Wir haben seit der Gründung ein Fünf-Farbensystem“, erklärt Vorstandsmitglied Edda Kroos. Auch andere Tafeln in Oberfranken haben dieses System schon kopiert. Die Leiter der Tafeln in Kulmbach und Bayreuth haben es bereits übernommen. Das Fünf-Farbensystem funktioniert wie folgt: Die Ausgabe der Lebensmittel erfolgt in fünf Gruppen. Diese sind mit den Farben Blau, Rot, Gelb, Orange und Grün gekennzeichnet. Ab 10 Uhr hat nacheinander jede Gruppe 45 Minuten bis zu einer Stunde Zeit, sich mit dem Nötigsten einzudecken. Bis 14 Uhr werden dann alle Tafelgänger versorgt. Die Bedürftigen werden jede Woche einer anderen Farbe zugeteilt. „Dadurch vermeiden wir lange Schlangen vor der Essensausgabe“, sagt Kroos. Auch eine vermeintlich abschreckend wirkende große Ansammlung von Asylbewerbern vermeide man durch diese Regelung. Maximal 60 Personen umfasst eine Gruppe. Zusammen warten sie im Vorraum, bevor nacheinander immer fünf Personen zur Essensausgabe gehen dürfen. Zudem schützt das System die Bedürftigen vor einer Benachteiligung bei der Essenausgabe, da darauf geachtet werde, dass jeder abwechselnd einer anderen Gruppe zugewiesen wird. „So stellen wir sicher, dass einige nicht ständig als letzte Essen erhalten.“ Die Regelung soll dem Grundsatz der Tafel Coburg Rechnung tragen: „Wir schließen niemanden aus!“ Bis zu 700 Personen versorgen die ehrenamtlichen Helfer der sozialen Einrichtung in der Rodacher Straße einmal wöchentlich.

„Zu Beginn haben wir rund 50 Personen versorgt“, erklärt Pressesprecher Jürgen Kroos. Auch das Klientel der Bedürftigen habe sich in den Jahren geändert. Während es zu Beginn vor allem Arbeitslose waren, sind inzwischen ein Drittel der Besucher Asylsuchende. Auch ältere Menschen stehen immer öfter im Raum der Essensausgabe. „In Coburg nimmt die Altersarmut zu.“ Vor allem für Senioren sei der Weg zur Tafel nicht leicht. Viele schämen sich, dass ihre Rente nicht zum Leben ausreicht. Bei ihren ersten Besuchen begleitet er sie noch. „Wenn sie aber sehen, dass es bei uns wie in einem Tante-Emma-Laden aussieht, fällt es ihnen leichter.“

Bis zu 20 000 Kilogramm Lebensmittel geben die inzwischen 34 Mitarbeiter der Tafel – elf Gründungsmitglieder waren es zu Beginn – jährlich aus. „Wir stellen die Grundversorgung sicher“, erklärt Jürgen Kroos. Durch ihn und seine Mitarbeiter sollen Bedürftige entlastet werden. „Für einige ist dann doch der Besuch im Schwimmbad oder im Kino möglich.“ Allerdings hat er nicht alle Lebensmittel im Bestand. Die Tafel selbst hat bis auf Mitgliedsbeiträge keine Einnahmen und ist auf Spenden angewiesen. Egal ob Brot, Salat, Joghurt oder Marmelade, alles muss er rationieren. Alleinerziehende und Familien mit Kindern erhalten eine größere Portion als beispielsweise Witwen. Auch das Kühlhaus, ohne das er verderbliche Waren wie Wurst und Käse gar nicht anbieten könnte, war eine Spende.

Für viele Menschen, die sich wöchentlich ihr Essen bei der Tafel Coburg holen, ist der Ort aber mehr als nur Lebensmittelausgabe. „Wir sind ein Ort der Kommunikation“, erklärt Jürgen Kroos. Armut mache auch einsam. Deshalb kommen etliche Tafelgänger schon bevor ihre Gruppe zur Lebensmittelausgabe darf. Im Warteraum treffen sie Freunde und Bekannte. „Einige kommen schon seit zehn Jahren hier her.“ Die Mitarbeiter geben nicht nur Lebensmittel aus, sondern verteilen auch Kochtipps. So greifen vor allem junge Frauen zu Fertigprodukten. Um das zu verhindern, packen die Mitarbeiter von Jürgen Kroos ein Rezept und gleich die passenden Lebensmittel in die Tasche. „Damit tragen wir auch zu einer gesunden Ernährung bei.“

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